Viele Menschen überschätzen eigene Aufmerksamkeit

Die Ablenkung, die ein Handygespräch bedeutet, sollte man auch beim zu Fuß gehen nicht unterschätzen. Darauf weist eine Studie des Beckman Institute for Advanced Science and Technology hin. In einer Simulation erhoben die Forscher, dass ein Telefongespräch Fußgänger im Verkehr weit mehr verlangsamt und gefährdet als das Musikhören, ganz besonders bei alten Menschen.

Die Forscher stellten ihre Versuchspersonen auf ein Laufband, das von Bildschirmen umgeben war. Auf diesen zeigte man jeweils die exakt gleiche Situation einer vielbefahrenen Straße und gab den Probanden die Aufgabe, diese in höchstens 30 Sekunden zu überqueren. Als zusätzliche Erschwernis ließ man manchen gleichzeitig ein Handygespräch per Headset-Einrichtung führen, andere Musik hören, während eine Kontrollgruppe keine derartige Beeinträchtigung hatte.

Während die Musikhörer ebenso gut auf den Verkehr reagierten wie die Kontrollgruppe, brauchten die telefonierenden Versuchspersonen um 25 Prozent länger zum Überqueren, schafften es oft nicht innerhalb des Zeitlimits und wurden viel häufiger von den simulierten Autos angefahren. Führte man das gleiche Experiment bei Menschen über 60 Jahren durch, war die Ablenkung durch das Handy noch größer. Am deutlichsten steigerte sich die Unfallgefahr bei Senioren, die ohnehin etwas unsicher auf den Beinen waren.

"Wenn man telefoniert, wird die Aufmerksamkeit geteilt", erklärt Verkehrspsychologin Marion Seidenberger. Parallel zur real wahrgenommen Umwelt entstehe im Kopf ein zweites Bild des Telefonpartners oder der Situation, um die sich das Gespräch dreht. Besonders bei schwierigen Gesprächen entstehe dadurch Ablenkung. "Das Telefonieren mindert somit unsere Ressourcen und macht uns langsamer, auch bei scheinbar automatischen Handlungen wie Gehen", so die Expertin.


In der Verkehrssicherheit wird das Handygespräch bisher nicht als Gefahrenquelle gewertet. "Kommt es zu Unfällen, vermerkt die Polizei allerdings manchmal als 'vermutete Ursache' das Telefonieren." Seidenberger rät Fußgängern, im Verkehr die volle Aufmerksamkeit der Straße zu widmen. "Man kann nicht alles auf einmal machen, wie man oft von sich glauben will. Schon von Kind an ist es wichtig, Gespräche nur auf dem Gehsteig zu führen und beim Überqueren einer Straße seine volle Konzentration auf den Verkehr zu richten."