• Sichere Maschinensteuerung via Smartphone und Tablet-PC in der Industrie 4.0 

    In der Industrie 4.0 gehört die Funksteuerung von Maschinen und Anlagen via Smartphone und Tablet-PC in vielen Bereichen inzwischen zum Standard. Vorreiter war in diesem Fall das private Smart Home: Hier wurden solche Technologien zuerst eingesetzt. Maschinen benötigen allerdings eine etwas komplexere Steuerung. Die hierfür eingesetzten Fernsteuerungen müssen zahlreiche Normungsanforderungen erfüllen, damit sie sicher sind.


    Bild: Via Smartphone oder Tablet lassen sich heutzutage bereits viele komplexe Maschinen steuern / Bildquelle: Pixabay

    Wo kommt die Smartphone- und Tabletsteuerung in der Industrie schon zum Einsatz?

    Unter anderem lassen sich damit Baumaschinen und Lkws überwachen, steuern und technisch diagnostizieren. Das ist Fahrern, Betreibern und der Servicestelle möglich. Einsatzfelder sind unter anderem:

    • Identifizieren von Fehlern der elektronischen Steuerung bei Kipperaufbauten
    • Anpassung von Parametern der Kipper- und Gerätesteuerung
    • Diagnose, Navigation und Kontaktaufnahme zur Servicestelle
    • Überwachung des Kippvorgangs mit Neigungs- und Knickwinkelassistenten
    • sicheres Rangieren mit einer Rückraumkamera
    • Reifendruckanzeige, automatisches Nachfüllen von Luft in die Reifen
    • Onlineübertragung von Lieferscheinen
    • Öffnen und Schließen des Rollverdecks und der hydraulischen Heckklappe
    • Bedienung des Unterfahrschutzes
    • Senken und Heben von Achsen

    Motoren für Lenkhilfen und Kompressoren werden ebenfalls bereits via Smartphone und Tablet gesteuert. Dabei gibt es in echtzeitkritische und nicht zeitkritische Steuerungsaufgaben. Das echtzeitkritische Aufgabenpaket steuert ein MultiServo direkt in der Antriebsebene. Die nicht zeitkritische Ablaufsteuerung kann sogar mit mobilen Standardgeräten für Privatanwendern gesteuert werden, mithin mit handelsüblichen Smartphones und Tablets. Das hat den Vorteil, dass die Anwender die Steuerung aus anderen (privaten) Anwendungen bereits sehr gut kennen. Sie lernen damit schneller den Umgang mit den Produktionsmaschinen. Für die Bedienung spielt das Unternehmen funktional unterteilte Apps auf die Endgeräte, welche alle notwendigen Funktionalitäten für die Visualisierung, Steuerung und Bedienung der Maschine abbilden. In der Entwicklung sind bereits Smartphone- und Tabletsteuerungen für ganze Produktionsstraßen.


    Vorteile der Steuerung in der Industrie 4.0 mit Tablets und Smartphones

    Durch die Anwendung von massenhaft produzierten Smartphones und Tablets für die industrielle Steuerung müssen die Innovationszyklen für die Hard- und Software der Steuerungstechnik nicht mehr absolut parallel miteinander verlaufen. Die verwendeten Apps sind losgelöst von der hochspezialisierten Elektronik in den Maschinen selbst. Bei Weiterentwicklungen muss nicht mehr die eine Abteilung auf die andere warten. Lediglich der Einsatz des industriellen Kommunikationsstandards OPC UA ist erforderlich, damit sich die Apps auf den Endgeräten gut mit der digitalen Steuerung der Maschinenantriebe verstehen. OPC UA bringt von vornherein die nötigen Security-Mechanismen mit: Die Kommunikation zwischen dem Smartphone oder Tablet und der Maschine verläuft sicher. Zahlreiche Industriezweige wie etwa Hersteller im Bereich Automobilbau, Maschinenbau (z.B. Fräsmaschinen, Pumpentechnik, Förderbänder, Luftfahrttechnik) aber auch Transport & Logistik (z.B. Lagerhaltung), Chemie oder Elektrotechnik setzen zunehmend auf mobile Maschinensteuerung.

    Welche Chancen und Risiken der Steuerung per Smartphone und Tablet lassen sich identifizieren?

    Mit Stand Anfang 2022 lassen sich diese Chancen der industriellen Smartphone- Tablet-Steuerung ausmachen:

    • unglaublich leichtes Handling, weil jeder die Geräte kennt
    • deutlich erhöhte Flexibilität in der Praxis
    • Möglichkeiten der Fernwartung und -diagnose
    • schnellere Entwicklung von neuen Steuerungen
    • sehr viele Anwendungsfelder

    Diesen Chancen stehen Risiken gegenüber:

    • Fehlbedienung
    • unzulängliche Entwicklung der Apps
    • Sicherheitslücken in den Apps
    • Normgerechter, sicherer Einsatz von Smartphones und Tablets in der Industrie 4.0

    Die neue Evolutionsstufe bei der Vernetzung in der Industrie 4.0 mit stark erhöhter Produktivität und Performance schafft auch neue Normen für die Sicherheit. Das IFA (Institut für Arbeitsschutz) innerhalb der DGUV hat die Normanforderungen in einer Konzeptstudie gründlich untersucht. Notwendig ist demnach eine intelligente Rahmenkonstruktion für die Entwicklung von Steuerungs-Apps, die sich für alle derartigen Endgeräte verwenden lässt. Sie soll die sicherheitsrelevanten Daten überwachen oder im besten Fall selbst erzeugen. Hierfür gibt es bereits ein Demonstrationsmodell, das sich interessierte Maschinenhersteller und -betreiber für ihre eigenen Praxisanwendungen anschauen können. Zu den unerlässlichen Funktionen von industriellen Apps zählt das IFA unter anderem einen Not-Halt oder eine Zustimmfunktion für die vorübergehende Freigabe einer Schutzeinrichtung wie beispielsweise einer Schutztür. Die in der IFA-Studie vorgeschlagene Rahmenkonstruktion soll nun gewährleisten, dass solche Funktionen in industriellen Apps automatisch (per vorgegebenem Rahmen) immer vorhanden sind – nur dann werden sie für den praktischen Einsatz zugelassen.