Ein Smartphone, ein Anruf, ein Büschel Stahlwolle – und plötzlich fängt alles an zu brennen. Klingt wie eine Mischung aus Survival-Training und Science-Fiction? Willkommen bei einem der absurdesten TikTok-Trends der letzten Monate.

Doch kann das wirklich sein? Entzündet sich Stahlwolle einfach so durch die Strahlung eines Mobiltelefons? Oder ist das Ganze nur ein gut gemachter Trick, der mehr mit Pyrotechnik als mit Physik zu tun hat?

Was steckt hinter der Behauptung?

In mehreren viralen Kurzvideos auf TikTok und YouTube sieht man, wie ein Handy mitten in einem Stahlwolle-Knäuel liegt. Kurz darauf erfolgt ein Anruf – und das feine Metall beginnt angeblich wie von Geisterhand zu glühen. Die offensichtliche Schlussfolgerung: Handy-Strahlung verursacht den Brand.

Die Realität sieht allerdings anders aus. Hinter dem Effekt steckt nicht etwa ein physikalisches Wunder, sondern – wie so oft im Internet – eine clevere Manipulation. Die vermeintlich brennende Stahlwolle wird nicht durch Mobilfunkstrahlung entzündet, sondern durch versteckte Hilfsmittel, die im Video nicht zu sehen sind.

Stahlwolle brennt durch Handy-Strahlung Die Wahrheit über den TikTok-Trend.jpg

Bild: Stahlwolle entzünden mit Handy-Strahlung? Der TikTok-Trend im Realitätstest.

Warum Handy-Strahlung keine Stahlwolle entzünden kann

Mobilfunkgeräte senden elektromagnetische Strahlung aus, das ist korrekt – etwa im Bereich von 800 MHz bis 3,6 GHz, abhängig von Netzstandard (GSM, LTE, 5G). Was aber gerne vergessen wird: Die dabei abgegebene Sendeleistung liegt bei maximal 2 Watt – im Normalbetrieb sogar deutlich darunter.

Das reicht vielleicht, um den Akku schneller leerzusaugen, aber nicht, um Metall zum Brennen zu bringen. Und warum?

  • Stahlwolle brennt nicht von selbst. Sie entzündet sich nur, wenn durch sie ein starker Strom fließt oder sie mechanisch erhitzt wird.
  • Handystrahlung liefert keine Wärmeleistung in dem Maß, das nötig wäre, um eine Zündtemperatur (~700 °C) zu erreichen.
  • Der SAR-Wert (Spezifische Absorptionsrate) von Smartphones ist stark begrenzt – für die menschliche Sicherheit. Wer glaubt, diese Leistung reiche für eine spontane Entzündung, müsste konsequenterweise auch das eigene Ohr als Gefahrenquelle deklarieren.

Kurz: Die Vorstellung, dass ein Klingelton Stahlwolle in Brand setzt, ist physikalisch unmöglich.

Wie der virale Fake wirklich funktioniert

Die spektakulären TikTok-Videos arbeiten mit simplen, aber effektiven Tricks:

  • Versteckte Batterie: Stahlwolle ist ein hervorragender Leiter. Wird sie mit einer Stromquelle (z. B. einer 9-Volt-Batterie) kurzgeschlossen, beginnt sie durch den entstehenden Stromfluss zu glühen.
  • Dünne Kupferdrähte: In einigen Clips sind unauffällig feine Drähte verlegt, die den Strom zur Stahlwolle leiten – außerhalb des sichtbaren Bildbereichs.
  • Nachbearbeitung: Einige Effekte sind schlicht und einfach digital eingefügt – mit Flammen aus der Trickkiste, nicht aus dem Physikbuch.

Der angebliche Effekt durch „5G-Strahlung“ ist dabei besonders beliebt – vermutlich, weil 5G ohnehin bei vielen Nutzern diffuse Ängste auslöst. Doch auch hier gilt: Weder 5G noch andere Mobilfunkstandards haben eine „Brandgefahr“ in der Hosentasche.

Warum solche Videos problematisch sind

Neben der Desinformation bergen diese Trends auch reale Risiken:

  • Nachahmer könnten versuchen, Handy-Akkus zu manipulieren – was schnell zur Explosion führen kann.
  • Die Kombination von Stromquelle und leicht entflammbarer Stahlwolle ist brandgefährlich – besonders, wenn sie in der Nähe von Möbeln oder Stoffen ausprobiert wird.
  • Solche Fakes fördern unnötige Strahlenangst und verbreiten technische Fehlinformationen, die sich hartnäckig halten.

Gerade in einer Zeit, in der Fakten durch Follower überlagert werden, braucht es verlässliche Quellen, die den Mythos entzaubern – ohne selbst ins Feuer zu greifen.

Wie lässt sich echte Handy-Strahlung sinnvoll reduzieren?

Auch wenn sie keine Stahlwolle entzündet – ganz ignorieren muss man Handystrahlung nicht. Wer den Kontakt minimieren will, kann auf einfache Maßnahmen setzen:

  • Freisprecheinrichtung oder Bluetooth-Headset verwenden.
  • WLAN bevorzugen, da die Strahlung im Vergleich zum mobilen Netz deutlich geringer ist.
  • Nicht direkt am Kopf telefonieren, sondern das Gerät mit etwas Abstand halten.
  • Flugmodus aktivieren, wenn das Handy nicht benötigt wird – etwa nachts oder unterwegs ohne Empfang.

Das hat nichts mit Panikmache zu tun, sondern mit einem bewussteren Umgang mit Technik – ganz ohne viralen Feuerzauber.

Fazit: Kein Feuer, kein Wunder – nur ein Internet-Märchen

Die Behauptung, dass ein Smartphone durch einen Anruf Stahlwolle entzünden kann, ist schlichtweg falsch. Was im Video spektakulär aussieht, ist in Wahrheit ein gut inszenierter Trick – mit versteckter Batterie oder digitalem Feuereffekt. Handy-Strahlung ist viel zu schwach, um selbst warmes Essen zu liefern, geschweige denn Metall zum Glühen zu bringen.

Was bleibt, ist ein weiterer TikTok-Trend, der mehr mit Unterhaltung als mit Wahrheit zu tun hat. Aber hey – immerhin brennt jetzt die Neugier, nicht das Smartphone.